| Würzburger 
Dommesse für 
Sopran- und Bariton-Solo, Chor, Gemeinde, Streicher und Orgel, op. 31b (1969) 
 I. Herr, 
erbarme dich II. 
Ehre sei Gott III. 
Glaubensbekenntnis IV. 
Heilig, heilig V. 
Lamm Gottes   Uraufführung: 
1969 / Würzburg / KiliansdomWürzburger Domchor / Würzburger 
Domsingknaben / Franz Fleckenstein
 
 Aufführungsdauer: 
25 Minuten Autograph:Titel: -
 Umfang: 46 Seiten
 Datierung: reduzierte Neufassung 30. Juni 69
 Aufbewahrungsort: Bayerische Staatsbibliothek München
 Verlag: 
Manuskript 
   Im 
Jahr 1969 reduzierte Bertold Hummel die Besetzung seiner Würzburger 
Dommesse op. 31a, um auch kleineren Kirchengemeinden eine Aufführung 
zu ermöglichen.   Für 
die Liturgie gibt es noch eine herausragende Komposition, die Würzburger 
Dommesse zur Einweihung des wiederaufgebauten Kilians-Domes im Mai 1967. 
Es handelt sich um eine Art "Voll-Messe", d.h. Proprium 
und Ordinarium sind kompositorisch eine Einheit. Zwar ist das Ordinarium 
als "Dom-Messe" mit op. 31 bezeichnet und das Proprium 
als op. 32 mit dem Titel der Anfangsworte des Introitus "Das Heil kommt 
dem Gerechten vom Herrn", aber die Sätze spielen doch vom ganzen 
Duktus her ineinander und lassen ihre Zusammengehörigkeit erkennen. Darüber 
hinaus sind sie, obwohl in deutscher Sprache, im formalen Aufbau des Wechsels 
von Kantor, Chor und Gemeinde durchaus ausgerichtet an der traditionellen Gestaltung 
der Gregorianischen Propriumsgesänge. Es ist beachtlich, dass eine so große 
und bedeutende Fest-Messe so unmittelbar nach der Bekanntgabe der Liturgiekonstitution 
("Sacrosanctum Concilium" 1963 und Kirchenmusikinstruktion "Musicam 
Sacram" 1967) in der Volkssprache komponiert ist. Einmal mag es das fortschrittliche 
liturgische Denken des Komponisten widerspiegeln, zum anderen trägt es wohl 
der Tatsache Rechnung, dass in der Diözese Würzburg die Volkssprache 
im Gesang in der sog. "Deutschen Messe" auch an Hochfesten eine 
sehr alte und große Tradition hatte."Zum Einzug" alternieren 
schmetternde Trompeten mit breiter septimengespannter hymnischer Thematik von 
Holz, Hörnern und Streichern in einer festlichen Intrade, bis der 
antiphonale Wechsel von Rahmenvers der Gemeinde mit dem Solisten (Bariton-Solo) 
und seinen Psalmversen einsetzt. Das folgende "Kyrie", das "Herr, 
erbarme dich", setzt wieder mit breiter, weitgespannter Thematik im Wechsel 
mit markanten Trompetentakten ein, bevor der Bariton das "Herr, erbarme 
dich" zweimal intoniert, gefolgt von dem gleichen Ruf einmal seines Vorsängers, 
einmal des Knabenchores, einem der Gemeinde und einem abschließenden des 
Chores. Das "Christus, erbarme dich" wird dreimal vom Solo-Sopran 
vorgetragen und zwar in Ausdehnung des Rufes und melodischer Intensivierung jedesmal 
gesteigert, anschließend vorgetragen in ähnlicher Art von Vorsänger, 
Gemeinde und Chor wie beim "Herr, erbarme dich". Dabei erhebt 
sich über einem dichten, akkordischen Chorsatz mit Dreiklangstürmungen 
der Solo-Sopran in einer Vokalise bis zum hohen C. Diese Intensivierung des gesamten 
Rufes im dritten "Herr, erbarme dich" steigert sich noch in dem 
exaltierten Einsatz der beiden Solostimmen zu der Beteiligung aller übrigen. 
Fast ist man geneigt, in diesem intensiven Aufbau die kompositorische Umsetzung 
der Forderung der Liturgiekonstitution des 2. Vatikanums bezüglich der Rollenverteilung 
für alle an der Liturgiegestaltung aktiv Beteiligten zu sehen.
 Das "Ehre 
sei Gott" ist eine Verbindung von Bariton-Solo, Chor und Gemeinde. Die 
folgenden Zwischengesänge oder besser Antwortgesänge zu den Lesungen 
nehmen in ihrer chorischen Struktur wieder die Reminiszenz an die Gregorianik 
auf, wo ganz wie bei den lateinischen Gradualversen z.B. bei Endsilben riesige 
Melodiebögen komponiert sind. Dies ist auch hier in den abschnittweise vertonten 
Chorsätzen der Fall. Das "Alleluja" geht mit Wiederholungen 
bis zur doppelchörig anmutenden Achtstimmigkeit, dazu der Solo-Bariton mit 
einem kurzen Psalmvers.
 Im "Glaubensbekenntnis", wieder mit 
Bariton, Chor und Gemeinde herrscht eine abschnittsweise akkordische Konzeption 
vor, aus der bei "Er hat Fleisch angenommen" reichere, auch kanonisch 
geführte Gestaltung herausragt.
 "Heilig" mit "Hochgelobt" 
singen Vorsänger, Knabenchor, Chor und Gemeinde einstimmig, bisweilen kanonisch 
als echte Akklamation der Gemeinde mit ein paar Glanzlichtern von Sopran- und 
Bariton-Solo. Das "Lamm Gottes" ist wie üblich dreigeteilt 
für Solisten, Chor und Gemeinde.
 Franz 
A. Stein (in "Die Kirchenmusik Bertold Hummels", Tutzing 
1998) 
 Zum Wiederaufbau des Domes (Einführungstext LP CALIG CAL 30330)Nach 22-jährigem, mühevollem Wiederaufbau wurde der Würzburger
Kiliansdom im Mai 1967 als letzter der deutschen Dome fertiggestellt.
Am Abend des 5. Mai öffneten sich seine Tore wieder für die Gläubigen,
am 6. Mai wurden die neuen Altäre geweiht, am Sonntag, 7. Mai, der
festliche Dankgottesdienst von Kardinal Döpfner gehalten. Dieses
Ereignis war für Stadt und Bistum Würzburg von säkularer Bedeutung:
Nach 22 Jahren haben nun beide wieder ihre Bischofskirche und damit
ihre religiöse Mitte.
 In neuer Gestalt
ist der Würzburger Dom wiedererstanden. Was erhalten war, wurde
restauriert, was zerstört war, wurde aus dem Geist und nach den
Bedürfnissen unserer Zeit neu geschaffen, vor allem die Mitte des
Domes: Altar und Kathedra des Bischofs. Diese mutige Verbindung von alt
und neu gibt dem Dom seinen einmaligen Reiz, macht ihn aber nicht nur
zu einem interessanten und wertvollen Baudenkmal, sondern zu einem
festlichen Raum, in dem die Menschen von heute Gottesdienst ganz im
Sinn der liturgischen Erneuerung feiern können.
 Was im Neuaufbau
des Domes sichtbar wird, sollte in den Gesängen des Dankgottesdienstes
hörbar werden. Man wählte deshalb nicht eine lateinische Messe aus dem
vorhandenen Schatz der Kirchenmusik aus. Vielmehr erteilte das
Domkapitel Würzburg einen Kompositionsauftrag an den Kompositionslehrer
des Bayerischen Staatskonservatoriums für Musik in Würzburg, Professor
Bertold Hummel, für eine deutsche Messe. Die Gläubigen sollten bei dem
Gottesdienst dieses Tages nicht nur ergriffen lauschen, sondern in der
Muttersprache selbst freudig einstimmen in das „neue Lied", das im Dom
nach so langer Zeit wieder aufklingen konnte. Die Messe sollte der
Bedeutung des Ereignisses Ausdruck verleihen, zugleich aber den
Anforderungen des Konzils entsprechen, vor allem die singende Teilnahme
der ganzen Gemeinde ermöglichen. Die Aufgabe war nicht leicht.
Professor Hummel übernahm sie und schuf in der „Würzburger Dommesse"
ein Werk, das nicht nur musikalisch sehr ansprechend ist, sondern auch
einen ernsthaften Beitrag zur Erneuerung der Kirchenmusik nach dem
Konzil darstellt.
 Die Würzburger Dom-Messe
 Das Kyrie,
obwohl lang, besitzt doch eindeutig den Charakter des Rufes. Die
Komposition des festlichen Gloria-Hymnus verläßt das bisherige
Formschema und sucht in der Anlage einen neuen Weg. Auch hier ist die
Gemeinde mit kurzen Rufen beteiligt. Das Credo wird, abgesehen vom
Mittelteil „Er hat Fleisch angenommen ...", nicht musikalisch
ausgedeutet. Schlicht, aber ungeheuer kraftvoll reihen sich die
einzelnen Sätze aneinander. Das ganze Credo ist gewissermaßen über
einem Orgelpunkt komponiert, auf dem Ton a.
 Das Sanctus wird
von der Gemeinde und einstimmigem Chor im Kanon gesungen. Sopran und
Baritonsolo geben ihm mit ihren Einwürfen strahlenden Glanz. Das Agnus
Dei
folgt der heute allgemein üblichen Aufteilung: Solist, Chor,
Gemeinde. Der Festgottesdienst im Würzburger Dom zeigte, daß der
Versuch trotz aller Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, im ganzen
doch gelungen ist. Die Tausende, die den weiten Raum des Domes füllten,
waren nicht nur Zuschauer und Zuhörer, sie vereinigten ihre Stimmen mit
dem Gesang des Chores zu einem machtvollen Lobpreis Gottes.
 
 
 Presse Badische 
Zeitung / Pfingsten 1967 "Würzburger 
Dommesse"Bertold Hummels wegweisende liturgische Komposition 
uraufgeführt
 Das außerordentliche 
Ereignis der Altarweihe und der Wiedereröffnung des Würzburger Kiliansdomes 
verlangte notwendig auch in seiner musikalisch-künstlerischen Gestaltung 
zumal wenn die Musik nicht lediglich als ausschmückendes Dekorum, sondern 
als Beitrag zur kirchlichen Liturgie betrachtet werden soll. Es ist kein Geheimnis, 
dass durch die neue Liturgie-Ordnung auch auf dem Gebiet der Kirchenmusik zunächst 
eine erhebliche Unsicherheit um sich gegriffen hat, zumal durch manche überstürzten 
und unausgereiften Neuerungen - ein Gang durch die sonn- und feiertäglichen 
Gottesdienste sin den verschiedenen Kirchen, selbst der gleichen Stadt, bestätigt 
das immer wieder. Man darf es daher als begrüßenswerten Schritt des 
Würzburger Domkapitels ansprechen, wenn es dem Professor am Bayerischen Staatskonservatorium 
der Musik Würzburg, Bertold Hummel, einen Kompositionsauftrag für eine 
(deutsche) "Würzburger Dommesse" erteilte, Es ist der erste Auftrag 
dieser Art in Deutschland. Die Messe, für Sopran- und Bariton-Solo, Chor, 
Gemeinde und Orchester geschrieben, erlebte beim sonntäglichen Festgottesdienst 
unter Mitwirkung von Erika Rüggeberg (Sopran) und Theo Nicolai (Bariton), 
beide München, dem Domchor, den Domsingknaben und dem Städtischen Philharmonischen 
Orchester Würzburg, dirigiert von Domkapellmeister Franz Fleckenstein, ihre 
Uraufführung.Die Aufgabe war nicht einfach zu lösen: Galt es doch 
für den Komponisten, über alle liturgische Gebundenheit hinaus, einmal 
jenen "kathedralen" Ton zu finden, der den weiten und hohen Dimensionen 
des Raumes entspricht, zum anderen trotz der Einbeziehung der Gemeinde in den 
Kreis der Solisten, Chor und Orchester sich nicht in Unverbindlichen zu begnügen, 
sondern das Gesamtwerk in einen großen - sollen wir sagen: symphonischen? 
- Bogen zu spannen. Hummel erreicht dies dadurch mit den Gesangsstimmen und dem 
Orchester neben den Streichern mit doppeltem Holz, drei- und vierfachem Blech 
sowie Schlagzeug entsprechend der Größe des Raumes breite musikalische. 
Flächen schafft, denen er eine großzügige, aber einfache Farbigkeit 
verleiht. Dass solcher Flächenaufriss bei den Sätzen und Einwürfen 
der Gemeinde nur chromatisch sein kann, während bei den solistischen und 
Chorpartien diatonische Elemente vorherrschen hat Hummel überlegen erkannt; 
wie er beides bruchlos zu verbinden und zu mischen versteht verrät den Meister 
seines Metiers und bestätigt den echten Musiker im Dienste Gottes, der nicht 
in abstrakter Verstandesmanier ästhetisiert und etwa das kostbare Gut des 
Gregorianischen Chorals billig für eine diesem nicht adäquate deutsche 
Sprache missbraucht und vergewaltigt, sondern der mit dem Herzen den besonderen 
Frömmigkeitsgeist des Wortes wie der Musik erspürt. Gewiss finden sich 
Hinweise auf die Gregorianik, aber sie bleiben als solche, erkennbar und dienen 
nicht als Verbrämung modernistischer Spekulation und Einfallslosigkeit.
 Das zeigt sich ebenso in dem anderen charakteristischen Element, das Hummels Messkomposition 
zusammenbindet: Durch das ganze Werk zieht sich gleichsam als Leitthema der jubelnde 
Ruf des alten Osterchorals "Christ ist erstanden", eine auch gedanklich 
sinnvolle Beziehung der österlichen Auferstehungsfreude zum Wiedererstehen 
der Bischofskirche. In den verschiedensten Abwandlungen und Veränderungen 
kehrt dieses Thema in den Rufen der Gemeinde wieder; dazwischen entwickeln sich, 
aus ihm hervorwachsend, in freien melodischen Bögen die Solo- und Chorpartien. 
Überaus eingängig die der Gemeinde zugedachten Zwischensätze (die 
Anteilnahme der vielen Hundert, die den Dom bis in den letzten Winkel füllten, 
bewies es), ohne dass der Komponist dabei in Billigkeiten abgleitet; er führt 
die Volksstimmen selbst zu einem zweistimmigen Kanon.
 Man 
darf sagen: Hier ist ein neue liturgischmusikalische Form gefunden, die aus dem 
Urgrund der Überlieferung entwickelt ist und ihre zeitgemäße Sprache 
auf ihm aufbaut. Die in aller Modernität barocke Festlichkeit, Andacht und 
Freude atmet, wie es dem baulichen Charakter der Würzburger Bischofskirche 
gemäß ist. Das Wort Erzbischof Kardinal Dr. Döpfners aus seiner 
Predigt, dass der Glaube auf dem sicheren Fundament der Tradition gegründet 
sein müsse, es hat wie in der bestimmenden Architektur des Domes auch im 
liturgischen Gesang der Dommesse seinen Ausdruck gefunden. Ein Verdienst des Komponisten 
Bertold Hummel, der ein richtungsweisendes Werk geschaffen hat! Ein Verdienst 
auch des Würzburger Domkapitels, das diesen Auftrag erteilte! Verdienst 
aber nicht zuletzt an diesem Tage der von Domkapellmeister Franz Fleckenstein 
mit Umsicht, Sorgfalt und Liebe vorbereiteten Aufführung. Es ist nicht wenig 
und keineswegs Alltägliches, was Hummel von Chor und Orchester verlangt - 
aber wie Domchor und Domsingknaben ihre Aufgabe, auch im Ungewöhnlichen, 
lösten und mit aller Schönheit und Hingabe des Gesanges ausstatteten, 
wie die Philharmoniker - beim Gemeindegesang unterstützt durch eine im Langschiff 
aufgestellte Bläsergruppe - für die menschliche Stimme Grundierung und 
Rahmen schufen, bezeugte ebenso die verständnisvolle, sicher zusammenhaltende 
führende Hand Fleckensteins wie die lebhafte innere Anteilnahme aller Mitwirkenden. 
 Dr. A. Meyer 
 
 Literatur-Tipp:
 Franz Fleckenstein: Musik zu Ehren des Heiligen Kilian und seiner Gefährten, Würzburger
katholisches Sonntagsblatt, Würzburg 18.6.1989 
 
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