Siegfried Koesler (12. Dezember 1937 Nagold - 1. Dezember 2012 Würzburg)


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Meine Werke für die menschliche Stimme konzentrierten sich während meiner Kantorenzeit in Freiburg und später in Würzburg auf die Komposition einer großen Anzahl von liturgisch gebundenen Motetten, Chorälen und Gesängen, wobei - nicht zuletzt - die persönlichen Kontakte zu den Domkapellmeistern Franz Stemmer (Freiburg i.Br.), Franz Fleckenstein und Siegfried Koesler (Würzburg) erwähnt werden müssen, die mich immer wieder beauftragten, für ihre Chöre Musik zu schreiben und auch für die Liturgie neue Gesänge zu entwerfen.

Bertold Hummel 1998

Werke, die von Siegfried Koesler uraufgeführt wurden:

op. 57b DANKHYMNUS (Wir sagen dir Dank)
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 22.06.1975

op. 90 DER SCHREIN DER MÄRTYRER
UA durch den Würzburger Domchor, Domsingknaben, Mädchenkantorei, Solisten, drei Organisten, Schlagzeugensemble, Domorchester am 14.07.1989 (Kiliansjubiläum)

op. 97d VENI CREATOR SPIRITUS
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 07.06.1992

op. 97e1 GEGRÜSSET SEIST DU MARIA
UA durch den Würzburger Domchor am 16.05.1994

op. 97e2 AVE MARIA
UA durch den Würzburger Domchor am 20.05.2001

op. 98b MISSA LAUDATE PUERI
UA der ersten Fassung durch die Domsingknaben von Lyon und Würzburg (Favoritchor) und die etwa 4 900 Pueri Cantores bei ihrem Internationalen Chortreffen im Salzburger Dom am 14.07.1996
UA der zweiten Fassung durch den Würzburger Domchor, Domsingknaben und Bläser im Würzburger Dom am 07.07.2002
UA des Kyrie der zweiten Fassung am 14.08.2002 (Requiem für Bertold Hummel)

op.103h CHRISTUS HERI
UA durch den Würzburger Domchor mit Orgel am 22.06.2000

Werke ohne opus-Zahl:

HERR UNSER GOTT
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 16.07.1972

EHRE SEI GOTT (Deutsches Gloria)
UA durch den Würzburger Domchor am 23.07.1972

LOBE DEN HERRN MEINE SEELE (Danksagung)
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 26.07.1981

HALLELUJA MIT VERSEN
(GL 811)
UA durch den Würzburger Domchor am 30.01.1983 (1.Vers), 06.11.1983
(2.Vers) und am 30.09.1984 (3.Vers)

NICHT NUR VOM BROT ALLEIN
UA durch den Würzburger Domchor am 20.02.1983 (1.Fastensonntag)

PREIST DEN HERRN
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 18.11.1984

HERR WIE ZAHLREICH SIND DEINE WERKE
UA durch den Würzburger Domchor am 24.11.1985

AUF LASST UNS JUBELN (Coda zu GL 525)
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 27.10.1991

WERDET WACH ERHEBET EUCH (Coda zu GL 117,2)
UA durch die Würzburger Domsingknaben am 29.11.1992 (1.Advent)

HALLELUJA (Coda für gleiche Stimmen zu GL 530,7; 530,8 oder 531,2)
UA durch die Mädchenkantorei des Würzburger Domes am 07.05.1995

WIR GRÜSSEN DICH O JESUSKIND
UA durch den Würzburger Domchor am 26.12.1999

ICH WILL DEN HERREN ALLEZEIT PREISEN
UA durch den Würzburger Domchor am 08.07.2002 (Kiliansfest)


Die Chöre des Würzburger Domes sangen unter Siegfried Koesler auch regelmäßig Psalmkompositionen aus dem Neuen Psalmenbuch des Christophorus-Verlag (vor 1970), Liedsätze für gleiche Stimmen aus den Sammlungen des Bonifacius-Verlags (1976 ff) oder umfangreichere Werke wie die Missa brevis op.5 für Chor und Bläser (erstmals 24.11.1985), die Missa Cantabo Domino op.16 für gemischten Chor (erstmals 28.03.1971), die Missa brevis op.18c für gleiche Stimmen und Orgel (erstmals 02.11.1975), die Würzburger Dommesse op.31b (Kiliansfest 1971),"Stille Nacht" (Weihnachtskonzert 1980) oder "O du fröhliche" (Weihnachtskonzert 1991), bei denen die Uraufführung in anderen Händen lag.

Zusammenstellung: Siegfried Koesler, November 2004


Siegfried Koesler, Inken und Bertold Hummel, Salzburg, August 1992Bertold Hummel und Siegfried Koesler, Würzburg, Juli 1989Hummels, Koesler, Würzburg, 21. Juli 1999


Biografie
Siegfried Koesler, geb. 1937, studierte in Aix-en-Provence, Freiburg und Tübingen Musikwissenschaft, Kunstgeschichte, Archäologie, Geschichte und Chorleitung. Anschließend leitete er zehn Jahre den Knabenchor in Rottweil (Schwarzwald). Seit Januar 1971 ist er Domkapellmeister in Würzburg. Sein Wechsel fiel zusammen mit dem Beginn der 5-jährigen Synode der deutschen Bistümer in Würzburg. Hier leitet er den Domchor (Damen und Herren), den es seit Anfang des 19. Jahrhunderts gibt, die Domsingknaben, deren Chor 9 Jahre zuvor sein Vorgänger Fleckenstein ins Leben gerufen hat, den Mädchenchor (Mädchenkantorei) und das Domorchester. Der Mädchenchor wurde von Koesler 1971 neu gegründet und aufgebaut. In dieser Zeit sind mehrere hundert Sängerinnen und Sänger von ihm ausgebildet und in den Chören betreut worden. Die Hauptaufgabe der Chöre ist die musikalische Gestaltung der Festgottesdienste und der sonntäglichen Konventgottesdienste im Dom sowie jährlich zwei oder drei Oratorienaufführungen im Kiliansdom. Weitere Aufführungen außerhalb des Domes schließen sich an; ebenso Schallplatten-, CD-, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen. Das in 3-jährigen Abständen wiederkehrende Brucknerfest wurde von Siegfried Koesler zusammen mit Bertold Hummel und Erwin Horn 1993 ins Leben gerufen und ist seitdem ein fester Bestandteil der konzertanten Kirchenmusik in Würzburg. Koesler ist Professor an der Hochschule für Musik in Würzburg für Gregorianik (bis 2001), Liturgik, Liturgiegesang und Kirchenmusikgeschichte. Von 1984 bis 1992 war er Präsident des Internationalen Chorverbandes Pueri Cantores, deren Bewegung er seit 1961 mitträgt und mitgestaltet, zuerst bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart, dann als Sekretär, Vizepräsident und Präsident des deutschen Verbandes. Höhepunkt dieser früheren Tätigkeit war das Internationale Chortreffen 1970 in Würzburg mit über 5000 Sängern aus 14 Ländern. Er fungierte als Jurymitglied in den Chorwettbewerben von Athen, Nantes und Arezzo. Mit dem Chorfestspiel von Loreto ist er seit 1962 verbunden, seit 1979 als Mitglied der künstlerischen Leitung. Koesler wurde 1986 mit dem Kulturpreis der Stadt Würzburg, 1993 mit dem europäischen Preis "Cesare d'oro" (Padua), 1997 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und 1998 mit dem vatikanischen Gregoriusorden ausgezeichnet.

Veröffentlichungen von Siegried Koesler (Auswahl):

"Aufbau, Erziehung und Gottesdienstlicher Einsatz eines Jugendchores", in: Kirchenmusik - eine geistig-geistliche Disziplin. Gastvorträge an der katholischen Kirchenmusik-Abteilung der Staatlichen Musikhochschule Stuttgart 5, Stuttgart 1980.

"Die kirchliche Musik an der bischöflichen Cathedrale zu Würzburg / Eine Stellungnahme von 1882", in: Glaube und Gemeinschaft (FS P.-W. Scheele), hrsg. von K. HILLENBRAND - H. NIEDERSCHLAG, Würzburg 2000.

"Kirchenmusikalische Aspekte der Kathedralliturgie", in: Brückenschlag (FS W. Bretschneider), hrsg. von ST. KLÖCKNER - M. KREUELS - G. MASSENKEIL, Regensburg 2001.

"Johannes Georg Meuerer (1871-1955) - Ein Spät-Cäcilianer", in: Organista et homo doctus (FS R. Walter), hrsg. von A. REICHLING, Sankt Augustin 2008.

"Der Dirigent Karl Muck (1859-1940)", in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 61/2009, Würzburg 2009.

"Die Würzburger Dommusik in den ersten zwei Dritteln des 20. Jahrhunderts", in: Kirchenmusik in der Diözese Würzburg - Studien und Quellen vom 16. bis ins 20. Jahrhundert (Quellen und Forschungen des Bistums und des Hochstifts Würzburg 64), hrsg. von D. KIRSCH - U. KONRAD, Würzburg 2010.


Siegfried Koesler
Bertold Hummel als Violoncellist des Würzburger Domorchesters

Die wichtigste und häufigste Mitwirkung Bertold Hummels und seiner Frau Inken (Violine) bei der Würzburger Dommusik geschah in den Gottesdiensten des Domes. Schon bei Domkapellmeister Fleckenstein (von 1966 an) und bis zum letzten Jahr seines Lebens (2002) waren er und seine Frau bei fast allen Gottesdiensten dabei, wenn Orchester gefordert war, was vor allem an Ostern, Pfingsten, Mozartfest und Weihnachten der Fall war, aber auch bei anderen Gelegenheiten. Dabei bildete sich ein Repertoire von über 30 Messen, allein zehn von Mozart und acht von Haydn, aber auch vier Messen von Schubert, Beethovens Messe C-Dur, Bruckners Messe d-Moll, die Ungarische Krönungsmesse von Liszt, Gounods Cäcilienmesse und Dvoraks Messe D-Dur.

Die ein oder zwei Domkonzerte pro Jahr waren ein weiteres Betätigungsfeld Bertold Hummels und seiner Frau, das für den Komponisten von 1971 bis etwa zu seinem 70. Geburtstag (1995) mit Ausnahmen zu bestellen galt. Hier seien besonders seine solistische Mitwirkung bei den Evangelisten-Rezitativen in Bachs Weihnachtsoratorium, Johannespassion und Matthäuspassion und Haydns Schöpfung genannt. Zu diesen Konzerten kamen Festakte, Orchesterkonzerte, Rundfunk- und Schallplatten-Aufnahmen.

16 Mal sind Bertold und Inken Hummel mit den Chören der Dommusik ins Ausland gefahren, einmal in die Schweiz, zweimal nach Frankreich und 13 Mal nach Italien, davon allein sieben Mal zum Chorfestival Loreto bei Ancona. Dreimal haben sie an Reisen des Domchors ohne Orchester als Gäste teilgenommen, 1995 nach Israel, 1998 nach Rom und 2000 nach Irland. Hier seien die Konzertreisen mit Orchester einzeln aufgeführt (Konzert-Orte fett gedruckt, Solisten immer dabei):
April 1974: Loreto mit den Domsingknaben (Vivaldi: Magnificat, Pergolesi: Stabat mater, Mozart: Lauretanische Litanei KV 195).
April 1977: Verona, Loreto, Venedig mit den Domsingknaben (Haydn: Salve regina, Mozart: Requiem), Macerata mit dem Domorchester (Werke von Pachelbel, Marcello, Telemann und Mozart). Ehrenmitglied des "Gnocchi-Ordens" Verona.
April 1980: Lecco, Loreto, Vicenza mit den Domsingknaben (Händel: Messias). Zeitweise Stromausfall und Weitermusizieren im Kerzenschein beim Konzert in Loreto.
April 1981: Erba, Lecco mit den Domsingknaben (Monteverdi: Psalmen, Mozart: Requiem).
April 1982: Lecco, Loreto, Darfo Boario Terme mit den Domsingknaben (Mozart: Krönungsmesse, Te Deum, Lauretanische Litanei KV 109 u.a.).
Oktober 1982: Ebersmünster im Elsaß mit dem Domchor (Haydn: Nicolaimesse, Theresienmesse, Te Deum).
November 1982: Einsiedeln in der Schweiz mit dem Domchor (Haydn: Schöpfung), Benefiz-Konzert für die Restaurierung der Basilika.
Juni 1984: Lecco, Erba, Venedig mit der Mädchenkantorei (Michael Haydn: Vesper, Pasquale Anfossi: Il Sedicia).
April 1985: Lecco, Loreto, Malo bei Vicenza mit Domchor und Teilen der Domsingknaben und der Mädchenkantorei (Verdi: Requiem). Begrüßung von Papst Johannes Paul II zur Tagung der Italien. Bischofskonferenz.
Mai 1986: Caen, Amiens mit dem Domchor (Haydn: Harmoniemesse, Orgelkonzert, Te Deum).
Mai 1987: Lecco, Mariano bei Mailand mit dem Domchor (Händel: Israel in Ägypten).
April 1990: Udine, Loreto, Darfo Boario Terme mit den Domsingknaben (Händel: Messias).
September 1990: Bergamo, Vicenza mit dem Domsingknaben (Vivaldi: Magnificat, Platti: Messe A-Dur und Requiem, Hasse: Te Deum).
Januar1993: Lecco, Clusone mit den Domsingknaben (Bach: Weihnachtsoratorium 4-6).
April 1993: Lecco, Loreto, Udine mit dem Domchor (Beethoven: Messe C-Dur, Bruckner: Te Deum).
April 1996: Udine mit den Domsingknaben (Zelenka: Lauretanische Litanei und drei Psalmen, Platti: Messe A-Dur und Stabat mater (Fragment), Hasse Te Deum).

(Zusammenstellung November 2010)


Bertold Hummel
Das besondere Programm der Würzburger Dommusik 1971-2002

Von seinem verdienstvollen Vorgänger Monsignore Franz Fleckenstein übernahm der zum 01.01.1971 berufene Domkapellmeister Siegfried Koesler die Devise: "Gott loben, das ist unser Amt". Die vielfache biblische Forderung "Singet dem Herrn ein neues Lied" (PS. 33,3; 40,4; 96,1; 98,1; 144,9; 149,1; Jes 42,10; Offb. 5,9; 14,3) sowie die Instruktionen des II. Vatikanischen Konzils zur Liturgie machte er sich zum Ausgangspunkt und tragenden Fundament seiner Tätigkeit. Der 150. Psalm als Schlussstein der ganzen Psalmensammlung signalisiert, dass sich der "Sinn der Welt im Lob Gottes erfüllt": "Alles, was Odem hat, lobe den Herrn". Diesen Ruf haben die schöpferischen Kräfte des Abendlandes durch die Jahrhunderte hindurch bis in die Gegenwart gehört und ernst genommen. Dafür stehen zahllose Meisterwerke verschiedenster Art - vom gregorianischen Choral über die erste Blüte der Polyphonie zu Palestrina, Schütz, Bach, Händel, von der Wiener Klassik über die Romantik bis zu den Meistern des 20. Jahrhunderts. Der Würzburger Domchor, der Knabenchor und die 1971 gegründete Mädchenkantorei pflegten unter der Leitung von Siegfried Koesler in vorbildlicher Weise das bei größeren Kirchenchören übliche Standartrepertoire - dabei wurden beispielsweise von W.A. Mozart (1756-1791) allein 11 Messen, darunter die große c-Moll-Messe, das Requiem und andere Werke (Litaneien etc.) wiederholt aufgeführt. Das Schaffen Anton Bruckners (1824-1896), von dem alle wichtigen kirchenmusikalische Werke in Würzburg seit langem im Repertoire sind, erfährt eine besondere Pflege bei dem seit 1993 im 3-Jahres-Zyklus stattfindenden Würzburger Bruckner-Fest, dessen künstlerische und organisatorische Leitung u. a. in den Händen von Siegfried Koesler liegt. Auch oratorische und liturgische Kompositionen von Franz Liszt (1811-1886), Hector Berlioz (1803-1869) und Josef Rheinberger (1838-1901) fanden immer wieder Eingang in die Programme der Dommusik. Eine beachtliche Heimstatt im Würzburger Dom fanden auch die großen Werke des 20. Jahrhunderts wie Edward Elgars "Die Apostel", Franz Schmidts "Das Buch mit sieben Siegeln", Zoltán Kodálys "Te Deum", Arthur Honeggers "König David", Benjamin Brittens "War Requiem" oder Andrew Lloyd Webbers "Requiem". Daneben sind im Programm viele kleinere Werke des 20. Jahrhunderts zu finden von J. N. David, J. Alain, J. van Nuffel, O. Dunkelberg oder P. Eben.

Das Besondere an der Programmgestaltung Siegfried Koeslers im Würzburger Dom ist die Berücksichtigung mit Würzburg oder ihm selber verbundener Komponisten in Vergangenheit und Gegenwart. Zuerst ein Blick in die Vergangenheit: Schon bei der ersten Schallplatte 1975 stand neben den Komponisten Heinrich Pfendtner (Würzburger Hoforganist bis 1630) und Philipp Friedrich Buchner (Würzburger Hofkapellmeister bis 1669) der aus der Rhön kommende und in Würzburg ausgebildete spätere Banzer Benediktinermönch Valentin Rathgeber (1682-1750) im Mittelpunkt des Interesses. Von ihm sind fünf Messen und andere Werke im Repertoire der Domchöre, Werke, die immer wieder musiziert werden, darunter die große "Apostelmesse", die 1988 im Bayerischen Rundfunk übertragen wurde, oder die "Märtyrermesse", die beim Rathgeber-Symposion 2000 im Geburtsort Obereisbach erstmals in der Neuzeit gesungen wurde.
Einige Jahre später als Rathgeber lebte Giovanni Benedetto Platti (1897-1763), um den sich Siegfried Koesler annimmt. Platti kam 1722 vermutlich aus Venedig im Zug der Anwerbung italienischer Musiker nach Würzburg, wo er als Mitglied der Hofkapelle blieb. Die in Würzburg befindlichen Musikalien sind verbrannt, doch sind einige Werke in Wiesentheid zu finden, von denen Siegfried Koesler eine Messe und das Requiem abschreiben ließ und aufführte, beide Werke auch mehrmals in Italien.
Die im folgenden genannten Komponisten der Mozart-, Beethoven- und Schubertzeit sind uns durch die in den letzten Jahren erfolgte Zusammenlegung der Notenbestände aus den Pfarreien im Würzburger Diözesanarchiv bekannt und leicht greifbar geworden:
So hat Siegfried Koesler eine Messe des Heidenfelder Chorherrn Josef Krafft (1750-1812) ins Repertoire genommen, des weiteren eine große Messe und einen "Weihnachtshymnus" von Franz Xaver Sterkel (1750 in Würzburg geboren, später Hofkapellmeister von Mainz, als Klaviervirtuose eine Berühmtheit und mit Mozart und Beethoven bekannt, 1817 in Würzburg gestorben); eine "Friedensmesse" von Stephan Hammel (1756-1830, geboren in Gissigheim bei Tauberbischofsheim, Benediktinermönch von St. Stephan in Würzburg, als Organist und Sänger vom Fürstbischof geschätzt, dann Pfarrer in Veitshöchheim); eine "Missa solemnis" von Friedrich Witt (1770-1836, Würzburgs letzter Hofkapellmeister, hervorgetreten durch neun in Frankfurt gedruckte Sinfonien, von denen eine bis ins 20. Jahrhundert als "Jenaer Sinfonie" für ein Werk Beethovens gehalten wurde); schließlich eine festliche Messe und ein "Salve regina" von Georg Friedrich Keller (1806-1849, in Würzburg-Unterdürrbach geboren, Holkapellmeister in St. Petersburg und dann Domorganist in Würzburg). Zu ihnen gesellt sich der wohl bekannteste
in Würzburg geborene Komponist Georg Joseph "Abbe" Vogler (1749-1814, Hofkapellmeister in München, Stockholm und zuletzt in Darmstadt, ein großer Anreger seiner Zeit besonders auf dem Gebiet der Harmonielehre und des Orgelbaus, Lehrer von C.M. von Weber), dessen achtstimmiges "Kilianslied" seit langem im Programm der Dommusik erscheint und dessen "Hosianna", in Schweden noch heute populär, in einer Übersetzung hier gesungen wird. Siegfried Koesler hat die genannten Messen, die alle für Chor, Soli und Orchester komponiert wurden, mit dem Computer-Programm der Dommusik schreiben lassen und mehrfach im Gottesdienst aufgeführt.

Zur Gegenwart: Von seiner früheren Zeit in Rottweil brachte Siegfried Koesler Werke zweier Komponisten nach Würzburg mit, die für ihn und seine Sänger geschrieben wurden: Von Corbinian Gindele (1901-1986, Benediktinermönch, Schüler Hindemiths, langjähriger Organist der Erzabtei Beuron) Psalmen, Liedsätze und die Motette "Gott spricht zu Moses" und von Karl Michael Komma (geb. 1913, Professor der Musikhochschule Stuttgart) die "Pfingstsequenz", ein "Deutsches Ordinarium" und die halbstündige "Matthäuspassion", die der Knabenchor an den Palmsonntagen der Matthäusjahre (alle drei Jahre) in der Liturgie sowie in Konzerten sang.

Weitere Komponisten außerhalb Würzburgs schrieben für Siegfried Koesler oder wurden von ihm zum Komponieren angeregt:
Virgilio Mortari (1902-1993, zuletzt Professor der Musikhochschule Rom), dessen "Missa pro pace" in Würzburg erklang, worauf er für die Mädchenkantorei die "Marientrauer", ein 15-Minutenstück für Soli, gleichstimmigen Chor und Orchester schrieb, das mehrfach aufgeführt wurde. Augustinus Franz Kropfreiter (geb. 1936, Organist an der Brucknerorgel St. Florian/Oberösterreich), ist in Würzburg durch die "Missa choralis", die Missa "Pueri Cantores", die "Grazer Messe" (die beiden zuletzt genannten von Siegfried Koesler mitangeregt) und die Missa "O crux ave" vertreten, die im Jahr 2000 von den Domsingknaben uraufgeführt wurde.
Wolfram Menschick (geb. 1937, Domkapellmeister in Eichstätt), schrieb auf Bitten von Siegfried Koesler, seit 1970 als Vize- und Präsident des weltweiten Pueri-Cantores-Verbandes viele Jahre lang einer der Dirigenten der großen Chortreffen dieser Vereinigung, eine Missa "Pueri Cantores" für das Internationale Chortreffen in Rom 1987. Sie ist seitdem im Repertoire der Dommusik wie auch Menschicks "Missa parochialis" und "Missa de angelis", seine Vesper und verschiedene Motetten. Zu nennen ist auch Kees Bornewasser (Organist in den Niederlanden), der für das Internationale Chortreffen der Pueri Cantores in Maastricht 1990 die Missa "Laudate pueri" schrieb, die seitdem im Gebrauch der Dommusik ist. Schließlich soll auf Peter Planyavsky (geb. 1947, Domorganist in Wien) hingewiesen werden. Er war einer der Komponisten der "Missa nova", die anlässlich des internationalen Chortreffens in Salzburg 1996 von den Domsingknaben mit uraufgeführt wurde. Bei der Mädchenkantorei ist er mit seinem "Salve regina" bekannt. Mehrstimmige Fortsetzungen ("Codas") zu Einzugspsalmen und Halleluja, Psalm-und Magnificat-Vertonungen sowie Liedsätze sind ständig im Programm der Dommusik zu finden.

Darüber hinaus wird auf Kompositionen des Würzburger Domorganisten Paul Damjakob (geb. 1939) zurück gegriffen, wie auch auf Werke früherer Mitarbeiter Siegfried Koeslers: Karl-Ludwig Hecht (geb. 1945, Leiter der Kirchenmusikschule und des Knabenchors Berlin); Franz-Josef Stoiber (geb. 1959, Domorganist in Regensburg); Wolfgang Schneider (geb. 1968, Kirchenmusiker in München/Haidhausen), Andreas Unterguggenberger (geb. 1969, Stiftskantor in Aschaffenburg); Hans Schnieders (geb. 1970, Orgelprofessor an der Hochschule Aachen) und Johannes Maria Strauss (geb. 1972, Kirchenmusiker in Meerbusch bei Düsseldorf).

Vor allem folgende Autoren haben Codas, Liedsätze, Motetten, Messen und groß angelegte Werke für die Chöre des Domes komponiert, auf die immer wieder im liturgischen und konzertanten Programm der Dommusik zurück gegriffen wurde: Zunächst Otmar Faulstich (geb. 1938, 1964-1983 am Würzburger Dom, seitdem Dozent für Tonsatz an der Kirchenmusikhochschule Regensburg), der schon für das Chortreffen in Würzburg 1970 sein lateinisches Ordinarium schrieb; dann Andreas Boltz (geb. 1964, von 1989-1993 am Würzburger Dom und seither Regionalkantor in Darmstadt), der für die Pueri Cantores-Treffen in Rom 1993 "Puer natus in Jerusalem" und für das Treffen in Mainz 2001 "Christus vincit" komponierte, sowie die Missa "Regina caeli" und die mehrchörige Vertonung "Veni creator". Schließlich sei auf die jahrelange Zusammenarbeit mit dem Schreiber dieser Zeilen hingewiesen, auf Bertold Hummel (geb. 1925, Professor für Komposition und Präsident der Würzburger Musikhochschule, Vater von sechs Söhnen, die alle bei den Domsingknaben sangen, und zusammen mit seiner Frau langjähriges Mitglied im Domorchester). Diese Zusammenarbeit erreicht ihren Höhepunkt im fast zwei Stunden dauernden Oratorium "Der Schrein der Märtyrer" für Soli, Chöre, drei Orgeln, Schlagzeugensemble und großes Orchester (Uraufführung 1989, seitdem wieder aufgeführt 1992 und 2000). Dieses Werk wie auch drei Messen und Motetten, sowie Orgelmusik, sind auf CD dokumentiert, sein "Ave Maria" ist Siegfried Koesler gewidmet.

Aus diesem - wenngleich lückenhaften - Überblick auf das besondere Programm der Würzburger Dommusik lässt sich unschwer und beglückend ableiten, dass Siegfried Koesler der Devise seines Vorgängers Franz Fleckenstein und seiner eigenen Zielsetzung mit unermüdlichem Arbeitseifer und mit Begeisterung in hohem Maße gerecht wurde. Meinen persönlichen Dank für eine über 30 Jahre dauernde freundschaftliche, künstlerische Zusammenarbeit verbinde ich mit den besten Wünschen für viele beschauliche, gesunde und phantasieerfüllte Jahre. Abschließend stehe ein Satz von Kardinal Joseph Ratzinger, der, wie allgemein bekannt, der Musica Sacra in ganz besonderer Weise verbunden ist. Er schreibt: "Die Kunst, die die Kirche hervorgebracht hat, ist neben den Heiligen, die in ihr gewachsen sind, die einzige wirkliche Apologie, die sie für ihre Geschichte vorzubringen hat." Die Kirche muss anspruchsvoll bleiben, sie muss den Streit um die "Vergeistigung" führen, ohne den sie zu einem "Ersten Kreis der Hölle" wird. Deshalb muss die Frage nach dem "Geeigneten" immer auch die Frage nach dem "Würdigen" sein und die Herausforderung, dieses "Würdige" zu suchen.

Prof. Bertold Hummel arbeitete als Komponist in Würzburg, er war Präsident der Musikhochschule Würzburg und lehrte dort als Professor für Komposition. Der Autor verstarb während der Drucklegung dieses Bandes am 9. August 2002.

(aus: Dommusik Würzburg - Eine Festgabe zu Ehren von Professor Siegried Koesler, Domkapellmeister zu Würzburg 1971-2002, hrsg. von Hans-Georg Ziebertz, Theobald Stangl und Johannes Windmeißer für den Dommusikverein Würzburg, ISBN 3-00-010031-8)